Die literarischste Oscar-Nacht aller Zeiten – Eine Reportage

Das Oscar-Special bei Literatur Radio Bayern - Die literarischste Oscar-Nacht aller Zeiten

Das Oscar-Special bei Literatur Radio Bayern – Die literarischste Oscar-Nacht aller Zeiten

Kennt ihr das Gefühl?

Ihr habt ein gutes Buch gelesen, hört nun davon, dass es verfilmt wird und geht freudestrahlend ins Kino, weil ihr es kaum noch erwarten könnt, euer Lesen im Film bestätigt zu sehen. Ihr freut euch auf die Visualisierung eurer Gedanken zum Buch, auf die Schauspieler, die nun in Rollen schlüpfen, die ihr lesend seitenweise ausgefüllt habt und dann passiert DAS:

Alles ist anders. Ihr erkennt das Buch kaum wieder und die schöpferische Freiheit des Regisseurs hat sich sogar erdreistet, das Ende dieses Romans zu verändern. Kleines Beispiel gefällig?

„Der Pferdeflüsterer“ von Nicholas Evans.

Ich liebe diesen Roman, seine tief angelegten Charaktere und die große Geschichte, wie die Nähe zu einem Pferd den Menschen heilen kann. Als ich davon erfuhr, dass Robert Redford die Rolle des Pferdeflüsterers im Film spielen sollte, war ich begeistert. Was für ein Volltreffer.

Und dann war es soweit. Kino. Bequemer Plüschsessel, Popcorn und Coke. Und als Leser des Romans wusste ich ganz genau, was auf mich zukommt. Ich wusste, dass der Pferdeflüsterer am Ende stirbt. Ich sah eine junge Mutter auf der Veranda sitzen, sein Lederarmband in der Hand und leise weinend um einen wundervollen Menschen trauernd.

Vorsorglich trank ich am Ende des Films meinen Cola-Becher leer. Dann konnte ich ihn als Auffanggefäß für Tränen verwenden – und wappnete mich schon mit einem Taschentuch.

Und dann… (Hier weiterhören bei Literatur Radio Bayern)

Der Pferdeflüsterer und der Schockeffekt am Ende des Films

Der Pferdeflüsterer und der Schockeffekt am Ende des Films

Und dann…

Pustekuchen. In der Schlusssequenz des Films reitet Robert Redford doch tatsächlich friedlich auf seinem Pferdchen durch die Landschaft, während er schweigend Abschied vom Pferdetrailer und seiner Besitzerin nimmt. Auch ein Ende. Aber nicht meins. Nicht das aus dem Buch und schon gar nicht das von Nicholas Evans.

Ich wollte schon aufstehen und lauthals ins Kino brüllen… „Der ist tohot… Hey… der ist tohohohoooot…!“

Aber da ging das Licht schon wieder an und die Zuschauer verließen den Saal mit dem Gefühl, einen tollen Film gesehen zu haben. Wenn sie nur einen Blick ins Buch geworfen hätten… Dann wäre ihnen klar gewesen, warum ich mit einem leeren Cola-Becher und mit trockenem Taschentuch der Verzweiflung nah war.

Ihr kennt das. Ihr könntet jetzt selbst zahllose Beispiele ins Feld führen und auch ich hätte noch einige davon auf Lager. Literaturverfilmungen können absolut fatal enden. Zumindest für leidenschaftliche Leser.

Das Oscar-Special bei Literatur Radio Bayern - Die literarischste Oscar-Nacht aller Zeiten

Das Oscar-Special bei Literatur Radio Bayern – Die literarischste Oscar-Nacht aller Zeiten

Und genau damit kommen wir zu des Pudels Kern dieser kleinen Reportage. Die Oscar-Verleihung steht an. Am 28. Februar werden sie wieder vergeben. Unzählige goldene Jungs finden neue und stolze Besitzer, die dann brav ihren Eltern und der Jury der Academy danken. Gilt ihr Dank diesmal auch den Schriftstellern? Danken sie denjenigen, denen sie die Existenz der Geschichten zu verdanken haben, die sie auf die Leinwand bringen durften? Danken sie den wahren Schöpfern der großen Ideen?

Es wäre angebracht, denn gerade in diesem Jahr ist die Oscar-Verleihung wohl die literarischste, die es je gegeben hat.

Das Oscar-Special bei Literatur Radio Bayern – Die literarischste Oscar-Nacht aller Zeiten

Das Oscar-Special bei Literatur Radio Bayern – Die literarischste Oscar-Nacht aller Zeiten

41 Oscars an diesem Abend basieren auf literarischen Vorlagen für die Filme, ihre Protagonisten, Ausstattung, Kamera, Ton, Schnitt, Musik und ihre Regie. 41 Oscars, die zwischen den Seiten guter Bücher versteckt sind.

  • The Revenant nach dem Roman von Michael Punke 12 Nominierungen
  • The Danish Girl nach dem Roman von David Ebershoff 4 Nominierungen
  • Raum nach dem Roman von Emma Donoghue 4 Nominierungen
  • Der Marsianer nach dem Roman von Andy Weir 7 Nominierungen
  • Brooklyn nach dem Roman von Colm Tóibín 3 Nominierungen
  • Carol nach dem Roman von Patricia Highsmith 6 Nominierungen
  • The Big Short nach dem Roman von Michael Lewis 5 Nominierungen
Das Oscar-Special bei Literatur Radio Bayern - Die literarischste Oscar-Nacht aller Zeiten

Das Oscar-Special bei Literatur Radio Bayern – Die literarischste Oscar-Nacht aller Zeiten

Vielleicht sollte man doch eher sagen, dass es 42 Oscars sind, oder sollen wir die Nominierung für den besten Filmsong zu „Fifty Shades of Grey“ sang- und klanglos unter den literarischen Tisch fallen lassen? Schauen wir lieber auf die Inhalte. Feiern wir doch am 28. Februar die Nacht der Buchverfilmungen.

Aber – und damit kommen wir auf die Eingangsproblematik zurück – welcher dieser Filme ist am nächsten dran an seiner Vorlage? Welche Adaption ist diejenige, die dem geschriebenen Wort am treuesten folgt? Ich habe einige Bücher gelesen und die Filme gesehen. Und ich werde ganz gezielt auf die Unterschiede eingehen, auch wenn das bedeutet, dass ich oftmals ein wenig spoilern muss, wenn es um das Ende eines Films geht. Ihr könnt euch ja dann die Ohren zuhalten

Das Oscar-Special bei Literatur Radio Bayern - Die literarischste Oscar-Nacht aller Zeiten

Das Oscar-Special bei Literatur Radio Bayern – Die literarischste Oscar-Nacht aller Zeiten

Folgt der Reportage auf Literatur Radio Bayern und lasst euch in mein persönliches Kopfkino entführen. Folgt mir nach Brooklyn, in den Raum, zum Dänischen Mädchen, auf den Mars und werdet mit The Revenant zu Rückkehrern. Buch und Film bilden die Grundlage meiner Betrachtung. Und dabei bewerte ich nicht, sondern lasse mich völlig subjektiv von meinen eigenen Gefühlen leiten. Neugierig? Dann schaltet euch in den PodCast und schaut mit mir gemeinsam am 28. Februar nach Los Angeles, wenn es wieder heißt:

And the Oscar goes to… Viel Spaß beim Hören!

Literaturverfilmungen und die Oscarverleihung 2016

Literaturverfilmungen und die Oscarverleihung 2016

Und ihr solltet wirklich bis zum Ende dranbleiben und auf keinen Fall den Literatur-Radio-Bayern-PodCast beenden, auch wenn ich mich schon von euch verabschiedet habe. Denn ich verrate natürlich den wahren Gewinner der Oscar-Nacht. Echt!

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Mein persönliches Highlight: Mein Schaufenster in der Buchhandlung Calliebe, der Buchhandlung meines Herzens in Groß-Gerau. Thomas Calliebe dekoriert nicht nur, er bloggt inzwischen auch.

Und hier das Update DANACH. Die Oscars 2016… 

Meine Oscar-Nacht in der Buchhandlung Calliebe - Ein Schaufenster zum Artikel

Meine Oscar-Nacht in der Buchhandlung Calliebe – Ein Schaufenster zum Artikel

Raum von Emma Donoghue – Platzangst im Kino

Raum von Emma Donoghue - Jetzt als Film

Raum von Emma Donoghue – Jetzt als Film

Vor vier Jahren hieß es für mich, ein Buch aufzuschlagen und bereits beim Lesen der ersten Zeile leicht zusammenzuzucken. Vier Jahre ist dies nun her, und seitdem hat dieser Roman seine ganz eigene Erfolgsgeschichte geschrieben. „Raum“ von Emma Donoghue hat unzählige Leserherzen erobert, obwohl er eine Geschichte erzählt, die so aufwühlend und verstörend ist, wie man es sich in seinen schlimmsten Albträumen nicht erhofft. Und nun, genau vier Jahre später, wirft die Verfilmung von „Raum“ ihre ersten Schatten voraus.

(Weiterlesen -> einfach scrollen / Weiterhören -> hier bei Literatur Radio Bayern)

Sie möchten lieber zuhören? Ein Klick genügt - Literatur Radio Bayern und Raum - Astrolibrium

Sie möchten lieber zuhören? Ein Klick genügt – Literatur Radio Bayern und Raum

Mit vier Oscar-Nominierungen geht die cineastische Adaption des Romans in die diesjährige Oscar-Nacht in Los Angeles. Und dabei gilt es, auf einige Besonderheiten zu achten. Der Film „Raum“ ist nominiert in den Kategorien bester Film, beste Regie, beste weibliche Hauptrolle und bestes adaptiertes Drehbuch. Womit wir erneut bei Emma Donoghue angelangt sind, denn die Bestseller-Autorin hat es sich nicht nehmen lassen, das Drehbuch zur Verfilmung selbst zu verfassen. Dies scheint eine Garantie dafür zu sein, dass die Leinwandadaption dem Buch so nah kommt, wie man es sich als Leser wünscht.. Die Kritiken in Amerika scheinen dies zu bestätigen.

Bevor wir uns am 17. März im Kino davon überzeugen können, möchte ich einen Blick zurückwerfen auf den Roman, der mich seit 2011 nicht mehr losgelassen hat. Ich möchte einen Blick zurückwerfen auf diesen Moment des Lesens der ersten Zeilen von „Raum„. Einen Lesemoment, den ich fast auf den Tag genau vor vier Jahren in meiner Rezension auf LovelyBooks so beschrieb, wie ich ihn zuckend erlebte.

Raum von Emma Donoghue - Besondere Momente

Raum von Emma Donoghue – Besondere Momente

„Ich wohne in Raum – ich schlafe in Schrank. Ich wache im Dunkel in Bett auf.“

Waren der Schriftstellerin Emma Donoghue die Präpositionen ausgegangen, oder wer versuchte hier zu erzählen? Das Zucken dauerte nur einen kleinen Moment und ich freundete mich mit dem fünfjährigen Jack an. Ich tauchte in seine kindliche Realität ein und die ist durch Raum definiert.

Nur Raum ist real. Draußen existiert nicht. Wenige Quadratmeter groß, spartanisch eingerichtet, wahrlich kein Kinderparadies, wahrlich kein schöner Ort zum Aufwachsen, weil Raum einfach keinen Raum dafür lässt.

Ein weiterer gezielter Blick in Raum beruhigte mich – zumindest für den Moment – Jack ist gar nicht allein. Er bewohnt Raum mit seiner Mom und die beiden sind in jeder Beziehung ein mehr als großartiges Gespann. Mom motiviert Jack, sich zu bewegen, seine Zähne ordentlich zu putzen und alles brav aufzuessen. Vorbildlich.

Aber was sie ihm von der Welt erzählt ist schlichtweg falsch – sie belügt ihn und bringt ihn dazu, sich damit abzufinden, dass nur Raum existiert. Alles andere ist einfach nicht vorhanden. Unfassbare Lügen tischt sie ihrem Sohn auf. Schlimm.

Raum von Emma Donoghue - Jetzt als Film

Raum von Emma Donoghue – Jetzt als Film

Bis man begreift. Erst langsam und dann mit schlagartiger Helligkeit. Erkenntnisblitze erhellen jeden Winkel von Raum und dann bemerke ich, dass außerhalb von Raum noch etwas existiert. Nick – der böse Nick – sehr viel älter als Mom und immer, wenn er das Kombinationsschloss öffnet, muss Jack im Schrank schlafen, während seine Mom und der böse Nick auf dem Bett komische Geräusche machen. Und wenn Mom dabei brav ist, gibt es sonntags eine Belohnung.

Raum ist ein Gefängnis.
Mom ist eine vor langer Zeit entführte junge Frau.
Nick ist der Entführer und Kerkermeister zugleich.

Jack ist die Frucht dieses Wahnsinns.

Doch Jack ist die Hoffnung. Er muss nur wachsen und tapfer sein, lernen und gesund bleiben und wenn alles gut geht, dann kann er Mom helfen, aus Raum zu fliehen.

Dann wird Draußen real – dann muss sie Jack viel erklären – sehr viel….

Beklemmung macht sich breit… Breiter als Raum…

Raum von Emma Donoghue - Jetzt als Film

Raum von Emma Donoghue – Jetzt als Film

Emma Donoghue erweitert das Lebensspektrum einer Natascha Kampusch um die Dimension Kind. Sie erweitert die Qualen der Entführung um die Ebenen Fürsorge und Muttersein. Sie erweitert alles bisher Gelesene um die Dimension Jack. Sie macht aus Raum eine eigene Welt. Sie nimmt sich Raum, in dieser umschlossenen Welt die beste Mutter zu sein und das gelingt in dieser Zelle…

Jack ist nun fünf. Alt genug für Mom, ihren Plan endlich wahr werden zu lassen. Den Traum vom Leben in Freiheit zu realisieren, dem Draußen Raum zu geben, Raum gegen Weite zu ersetzen und gemeinsam mit Jack zu fliehen. Der Fluchtweg führt allein über ihren Sohn…

Großer Junge – Großes Buch – Jetzt auch als Film….

Natürlich sind dies viele Vorschusslorbeeren, aber ich habe das Gefühl, dass ich im März eine mehr als gelungene Umsetzung dieses Romans im Kino erleben werde. Brie Larson wurde bereits mit dem Golden Globe für ihre Rolle in „Raum“ ausgezeichnet. Und nun gilt es, ihr auch am 28. Februar in Los Angeles für den Oscar die Daumen zu drücken. Dass sie auf dem besten Weg ist zeigt auch einer der wichtigsten Gradmesser für die Oscar-Verleihung. Am 16. Februar wurde Brie Larson mit dem begehrten British Academy Film Award als beste weibliche Hauptdarstellerin in „Raum“ ausgezeichnet. Sie gilt nun noch mehr als DIE Top-Favoritin auf einen der Oscars von Los Angeles.

UPDATE: Sie hat es natürlich geschafft.

Ich werde diesen Artikel aktualisieren und um die Dimension Film erweitern, wenn ich ihn gesehen habe. Genau hier werdet ihr dann erfahren, ob „Raum“ im Kino die gleiche Platzangst verursacht, wie das Buch. Genau hier werdet ihr erfahren, ob es mir gelingt, mit Jack zu fliehen. Denn nur im Draußen liegt die Wahrheit. Wir suchen unser Heil in der Flucht. Drückt uns die Daumen.

Raum von Emma Donoghue - Jetzt als Film

Raum von Emma Donoghue – Jetzt als Film

Brandheiße NEWS:

Der Piper Verlag wird pünktlich zum Filmstart im März das Taschenbuch zu „Raum“ in neuem Gewand herausgeben. Das Buch zum Film wird auch in der Aktualisierung des Artikels eine Rolle spielen! Hier ganz exklusiv das neue Cover (ET. 01.03.)

Ab März bei Piper - Das Buch zum Film "Raum"

Ab März bei Piper – Das Buch zum Film „Raum“

Es sind Tage im Zeichen von Buch und Film. Tage des intensiven Vergleichens, denn vier Romane, die ich gelesen habe sind die Grundlage für 18 Nominierungen bei der diesjährigen Oscar-Verleihung Ende Februar. Und nicht nur sie tragen dazu bei, dass dieses Fest des Films wohl so literarisch wird, wie nie zuvor.

Über 40 Oscars stehen diesmal in ganz engem Kontakt zu den Büchern, die als Vorlage zur Verfilmung dienten. Ich bin auf Augenhöhe. Habe gelesen und war im Kino. Und ich werde meine Auszeichnung für den Film vergeben, der seiner Romanvorlage besonders nah ist. Bald mehr dazu. Die Reportage entsteht… Und man wird sie hören können.

Literaturverfilmungen und die Oscarverleihung 2016

Literaturverfilmungen und die Oscarverleihung 2016 – Ein Special

Eine weitere kindliche Perspektive: Zach Taylor aus Alles still auf einmal und Jack Newsome aus „Raum“ haben viel zu erzählen. Es lohnt sich, ihnen zuzuhören.

Alles still auf einmal von Rhiannon Navin - AstroLibrium

Alles still auf einmal von Rhiannon Navin