ENTENBLAU – Eine Geschichte von Lilia

ENTENBLAU - Eine Geschichte von Lilia - Astrolibrium

ENTENBLAU – Eine Geschichte von Lilia – Astrolibrium

Vorsicht. Ich schicke dieser Rezension eine Triggerwarnung voraus, weil ich selbst in bestimmten Lebensphasen einen großen Bogen um Bücher mache, die sich in ihrem Kern mit dem Thema Demenz auseinandersetzen. Alzheimer nennt sich die besondere Ausprägung der Störung des menschlichen Gehirns, in dessen Folge die Betroffenen in zunehmender Vergesslichkeit, Orientierungslosigkeit und Verwirrtheit versinken. Es war mein Vater, der mir von jener heimtückischen Krankheit geraubt wurde. Tief in sich und eine nicht nachfühlbare Welt entrückt, verabschiedete sich zuerst sein hellwacher Geist und dann schließlich auch der gesamte Organismus. In der Literatur findet man oftmals die eher skurrilen Momente einer Demenz wieder, in denen die Vergesslichkeit beginnt, dem Opfer erste lustige Streiche zu spielen. Groß ist die Versuchung, die Krankheit als Kulisse für rührende Familiengeschichten zu verwenden und sie damit gänzlich aus der Realität zu entheben. Die Wahrheit ist härter. Um sie geht es in guten und empathisch verfassten Romanen, in denen alle Aspekte der Demenz thematisiert werden, in denen man den Erkrankten näher kommt und in der eigenen Hilflosigkeit abgeholt wird, die im Alltag zur bestimmenden Größe wird. Ich wurde nämlich vom eigenen Vater vergessen, während ich versuchte ihn zu pflegen. Und genau an dieser Stelle warne ich davor, im Lesen unvorbereitet auf ein Thema zu stoßen, das Wunden gerissen hat.

ENTENBLAU – Eine Geschichte von Lilia ist ein solches Buch. Und nicht nur das. Es handelt sich hier auch noch um ein Bilderbuch, mit dem man unsere jüngsten Leser mit einem Themenbereich konfrontieren kann, den ihnen selbst die eigenen Eltern nicht erklären können. Ich weiß, wovon ich rede. Mir fehlten damals solche Bücher. Mir fehlte diese Chance, meine Kinder langsam darauf vorzubereiten, dass ihr geliebter Opa bald nicht mehr wissen würde, wer da überhaupt vor ihm steht, wie seine Enkel heißen, und was er mit ihnen anfangen sol. Mir fehlte die Möglichkeit, ihnen mit Bilderbüchern ganz sanft zu erklären, dass sich ihr eigener Großvater in ein Kleinkind verwandelte. Und mir fehlte die Hilfestellung, zu erklären, dass dieser Zustand unumkehrbar ist, egal, wie oft man mit ihm redet, welche Musik man ihm vorspielt, oder wie oft man ihn später, als es nicht mehr anders ging, im Pflegeheim besuchte. „Warum? Er erkennt uns doch gar nicht.“ Darf man einem Kind diese Frage verübeln? Nein. Hätte ich damals schon die Geschichte von Lilia gehabt, es wäre ein wenig leichter gewesen. Entenblau vielleicht.

ENTENBLAU - Eine Geschichte von Lilia - Astrolibrium

ENTENBLAU – Eine Geschichte von Lilia

Sind Sie noch da? Danke. „Entenblau“ von Lilia ist eine facettenreich angelegte und doch minimalistisch erzählte Geschichte von augenscheinlichen Gegensätzen, von tief empfundener Freundschaft und Liebe, von Fürsorge und vom Vergessen. Wann treffen wir in freier Wildbahn auf eine Ente und ein Krokodil, die auf einen langen gemeinsam erlebten Lebensweg zurückblicken können? Wann haben wir je von einem Kroko-Baby gehört, das einsam und verlassen von einer Ente gefunden und quasi adoptiert wurde, an „entenkükenstatt“ angenommen sozusagen? Wann durften wir je in der Erinnerung eines heranwachsenden Krokodils miterleben, wie es alles von einer Ente beigebracht bekommt? Nie zuvor ist mir das in einem liebevoll illustrierten Bilderbuch begegnet. Im Buch und im wahren Leben erreicht auch diese Geschichte ihren Wendepunkt, als das Krokodil – jetzt ausgewachsen und stolz auf die Vergangenheit – feststellen muss, dass seine in die Jahre gekommene Entenmama ihre Erinnerungen verliert… Alles verblasst. Das wundervolle Entenblau der Vergangenheit beginnt zu schwinden…

Was im Bilderbuch ohne jeden Schnickschnack und Ablenkung –  sozusagen „en point“ – illustriert und erzählt ist, lässt uns als Vorlesende und Mitlesende viel Raum, um unsere Kinder an die Hände zu nehmen und durch die Geschichte zu führen. Es ist die ungewöhnliche Beziehung zwischen Ente und Krokodil, die wir erklären können. Wir können hervorheben, wie unterschiedlich beide sind. Wir dürfen Vergleiche ziehen, weil es bei Adoptionen bei Menschen ja auch so ist. Und wir können die Entenmama loben, weil sie das kleine Krokodil einfach Krokodil sein lässt, ohne es zu verbiegen. Lilia lässt nichts aus, selbst der abzuwischende Krokodilhintern spielt eine Rolle. Als die alte Ente dann im Vergessen versinkt, werden die Rollen getauscht. Das Krokodil übernimmt. Die Verantwortung wird unmittelbar spürbar. Es gibt keine Ausreden. Nein. Die Fürsorge ist dem einst kleinen Krokodil, das nun so erwachsen ist, von der Entenmama in die Wiege gelegt worden. Jetzt spielt auch der Entenpopo eine große Rolle. Hygiene ist wichtig bei Demenz.

Wer nun denkt, das harmlos wirkende Bilderbuch Entenblau würde uns jetzt ins Leben zurückgehen lassen, sieht sich getäuscht. Hier wird im Klartext illustriert und erzählt. Hier kommt der Aspekt zum Tragen, der die Angehörigen von Erkrankten voller Frustration verzagen lässt. Die Ente hat plötzlich Angst vor dem Krokodil und weiß nicht mehr, wer vor ihr steht. Ja, das haben wir erlebt. Das in diesem Buch so klar zu sehen und so deutlich vor Augen geführt zu bekommen, ist mutig und aufrichtig zugleich. Nein, an einer Demenz ist nichts lustig, es gibt keine Schmunzelmomente, nur Angst, Sorgen und Mitgefühl. Und dann treibt mir diese Geschichte endgültig die Tränen in die Augen, weil mir das Krokodil zeigt, wie ich mit der Enttäuschung zurechtkommen könnte, nicht mehr erkannt zu werden. Ja, die Ente in diesem Buch ist anders, als wir Enten kennen. Sie hat einen blauen Schnabel und blaue Flossen. Sie hebt sich so deutlich ab, wie es unsere Eltern und Großeltern tun. Sie ist eine blaue Ente und sicher bekannt wie jener sprichwörtliche bunte Hund. Und nur diesen besonderen Enten ist es vergönnt, mit den eigenen Angehörigen so umzugehen, dass sie ihre Eigenständigkeit niemals verlieren. So war mein Vater. Für mich und für seine Enkelkinder. Hätte ich dieses Buch damals schon gehabt, es wäre mir ein wichtiger Ratgeber gewesen, ohne je Ratgeber sein zu wollen.

Es sind nur 46 Seiten, die ein Leben verändern können. Es ist eine Geschichte, die aus Empathie zu bestehen scheint. Sie ist Lehrmeister und Spiegel, Wegweiser und im entscheidenden Moment befreiende Stütze. Diese Geschichte verlangt nichts von uns, aber sie gibt unendlich viel. Sie nimmt die Menschen ernst und schenkt besonders den Opfern von Demenzerkrankungen eine würdevolle Rolle in dieser Erzählung. Und keine Sorge. Diese Geschichte schreckt nicht ab. Das tun die Geschichten, die verharmlosen und die lustigen Momente suchen. Sie helfen nicht, weil im Moment der Erkenntnis der Spaß verschwindet und die Skurrilität einer heillosen Angst weichen muss. Nein, es ist Entenblau. Es ist diese besondere Beziehung, die uns vorbereitet ohne neue Angst zu schüren. Das Krokodil zeigt einen Weg. So schwer er auch ist, so wenig glücklich man am Ende des Buches vor dem letzten Bild sitzt. Es ist einer der aufrichtigsten Momente in einem Kinderbuch, den ich je erleben durfte, weil er nicht verlogen ist. Ein Buch nicht nur für Angehörige von Erkrankten. Ein Buch ganz besonders für Eltern und Kinder, die ihr Herz auf dem rechten Fleck tragen. Ein schlichtes und doch gewaltiges Bilderbuch, das uns auf ein Vergessen vorbereiten kann, das uns selbst, unsere Familie, aber auch Freunde und Bekannte treffen kann. Eine empathische Investition in die Zukunft.

Der vergessliche Riese von David Wagner - AstroLibrium

Der vergessliche Riese von David Wagner

Wer neben Entenblauals Kinderbuch gerne einen Roman lesen würde, den ich guten Herzens empfehlen kann, dann greifen Sie zu Der vergessliche Riese von David Wagner. In meiner Rezension schrieb ich:

David Wagner gelingt mit seinem Roman ein glaubwürdiger Grenzübertritt in die Denkwelt eines Alzheimerpatienten. Er entwickelt eine Perspektive, die zeigt, wie ein Mensch im Vergessen sogar vor unliebsamen Erinnerungen geschützt wird. Eine Sicht, die vielleicht schwer nachzuvollziehen ist. Und doch erscheint der vergessliche Riese in seiner Welt seltsam entrückt, befreit vom Alltäglichen und frei von Verpflichtungen. Ein Biotop des Vergessens umgeben von Menschen, die vom Erinnern geplagt sind, damit leben müssen, dass jeder Besuch schnell vergessen ist und Fragen in Endlosschleifen wiederholt werden. Hier verliert nicht der Kranke seine Identität. Es ist das Umfeld, das verblasst. Ein Kreislauf dem sich dieser Roman intensiv widmet. (weiterlesen)

Ich erinnerte mich an meinen vergesslichen Riesen, fühlte im Buch die persönliche Betroffenheit des Autors und die autobiografischen Züge seiner Vater-Sohn-Geschichte, sowie die befreiende Wirkung des Schreibens und Lesens. Diese beiden Bücher haben die Gabe zu versöhnen, zu heilen, schützen und vorzubeugen. Sie als Buchtandem zu sehen, also als Grundlage des gemeinsamen Erlesens beider Geschichten für jüngere und ältere Lesende, kann in außergewöhnlichen Situationen einen unglaublichen Schub und Energie freisetzen, die ohne diese Bücher kaum vorhanden wäre. Letztlich sind es Geschichten für die Menschen in unserer Mitte, die sie sofort vergessen würden, wenn man sie ihnen vorlesen oder erzählen würde. Daran sollte man immer denken. Immer.

Ein persönliches (versöhnliches) Ende.

Das Krokodil in Entenblau hat recht. Die Entenmama hat viel vergessen, aber sie ist immer noch da. Mit ihr zu reden, zu singen und gemeinsame Ausflüge zu machen, sie zu streicheln und spüren zu lassen, dass sie nicht allein ist, ändert vielleicht nichts an der Krankheit. Aber es ändert etwas am Wohlbefinden der Erkrankten. Und nie, nie, nie, niemals darf man selbst vergessen, dass tief im erkrankten Menschen drin alles da ist, was wichtig ist. Es kann nur nicht mehr abgerufen werden. Mein Vater lag am Ende in einem Pflegeheim. Nicht ansprechbar. Mit leerem Blick. Keine Reaktion. Alles Reden half nichts. Dachte ich. Kein Erkennen. Kein Erinnern. Nichts. Eine Hülle. Ich ging auf Tuchfühlung. Hielt seine Hand, sprach und versuchte es mit Musik. Für mich erfolglos. Für ihn? Das war immer eine bohrende Frage. Eines Tages fragte ich im Heim, ob es erlaubt sei, meinen Bordercollie mitzubringen. Vater liebte Hunde. Und was geschah? Mein Hund legte seine Schnauze in die Hände meines Vaters und blieb so. Und was sagt der Mann, der seit Jahren geschwiegen hatte, der mich nicht mehr erkannte und nicht wusste, wo er sich befand?

„Arndt, ich kann mich doch hier nicht um einen Hund kümmern.“

Es ist jedem selbst überlassen zu analysieren, wie viele kognitiv verankerte Fakten in diesem Satz verborgen sind. Es ist jedem selbst überlassen, darüber nachzudenken, was dieser Satz in mir auslöste und was er mir heute bedeutet. Ich will mit diesem sehr persönlichen Erlebnis nur verdeutlichen, dass man nie aufgeben darf zu hoffen. Es war der letzte Satz meines Vaters, zwei Jahre vor seinem Tod. Er war ein großes Geschenk und noch so viel mehr…

Danke fürs Lesen. 

ENTENBLAU - Eine Geschichte von Lilia - Astrolibrium

ENTENBLAU – Eine Geschichte von Lilia

Dunkelnacht von Kirsten Boie

Dunkelnacht von Kirsten Boie - AstroLibrium

Dunkelnacht von Kirsten Boie

Was geht in einer versierten und etablierten Kinder- und Jugendbuchautorin vor, wenn sie in diesen Tagen, in unserem Land, in diesem gesellschaftlichen Szenario um sich blickt und politische Tendenzen und Automatismen erkennt, die an die Geschichte des Nationalsozialismus in Deutschland erinnern? Was geht in einer Autorin vor, die in ihrem gesamten Schaffen immer wieder an die Jugend der Welt appellierte, niemanden aufgrund seiner Herkunft, seiner Hautfarbe, seiner Religion oder seines Geschlechtes auszugrenzen oder anders zu behandeln? Welche Kriege toben in ihr, wenn sie merkt, dass es gerade jetzt an der Zeit ist, erneut und eindringlich Farbe zu bekennen, Flagge zu zeigen und in aller Deutlichkeit mit ihren Mitteln gegen die Verführung einer Jugend anzukämpfen, die ihr so sehr am Herzen liegt. Was geht da in Kirsten Boie vor?

Man kann es sich ganz gut vorstellen, wenn man ihr aktuelles Buch zur Hand nimmt. Man kommt schnell dahinter, wenn man sich anschaut, mit welcher Verve sie sich einer Zeit angenommen hat, die auch sie nur vom „Hörensagen kennt. Oder sollte man hier besser vom „Verschweigen sagen, weil man der im Jahr 1950 in Hamburg geborenen vielseitig interessierten jungen Frau von einst ihre bohrenden Fragen zur Vergangenheit in Deutschland beharrlich nicht beantwortete? Ja, man spürt sofort, was in der vielfach ausgezeichneten Schriftstellerin vorgegangen sein muss, als sie in ihren Gedanken die ersten Spuren einer Geschichte aufspürte, die sich zum Ende des Zweiten Weltkrieges im bayerischen Städtchen Penzberg zugetragen hatte. Eine unerzählte Geschichte, die auch im heutigen veränderten Stadtbild kaum Spuren hinterlassen hat. Und doch eben eine Geschichte, die wie kaum eine andere geeignet ist, den Irrsinn einer ideologischen Verblendung aufzuzeigen. Der Titel dieses Buches zeigt, wie sich das Herz verkrampft.

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Dunkelnacht von Kirsten Boie

DUNKELNACHT

Mit diesem Titel werden schon die Weichen gestellt. Kein ausschweifender Roman, keine Geschichte, die nur vierundzwanzig Stunden erzählt und eine ganze Epoche nur als Kulisse missbraucht, keine Dokumentation mit uferlosen Quellenangaben und auch kein Erlebnisbericht aus der Sicht eines Protagonisten. Nein, Kirsten Boie schrieb eine Novelle, in der sie sich als allwissende Erzählerin alle Perspektiven aneignet, Zugänge zu den Gedanken aller Charaktere hat und auf allen Zeitebenen weiß, was passiert war, gerade geschieht und noch passieren wird. Dabei dient ihr eine wahre Begebenheit als Kern einer Erzählung, die sie mit Protagonisten anreichert, die erfunden sind und somit den Zugang zu den Geschehnissen erleichtern. Es ist diese distanzierte Nähe, die aus Zeitgeschichte einen Jugendroman werden lässt, der sich zur Pflichtlektüre für Schüler und Schülerinnen eignet, die im Alter von 15 Jahren sehr gut nachempfinden können, warum diese Geschichte relevant für ihre Gegenwart und Zukunft ist.

Es ist eine Geschichte von Schuld, Verantwortung, Opportunismus (also eine der wissentlichen Mitläufer) und Versagen. Es ist eine Geschichte, die sich in einer Zeit abspielt, in der die Machtstrukturen instabil und die Variablen des Handelns vielfältigst waren. Der Zweite Weltkrieg steht kurz vor seinem Ende. Die Nationalsozialisten sind an den meisten Fronten geschlagen und die Alliierten stoßen gegen Berlin vor. Auch in Bayern warten nun die ehemaligen Anhänger auf ihre Niederlage, ihre Gegner auf ihre Befreiung durch die Amerikaner. Ein größeres Ungleichgewicht der Kräfte ist nur kaum vorstellbar. Niemand weiß, was der morgige Tag bringt. Während man sich in Penzberg mit weißen Fahnen auf eine friedliche Übergabe der Stadt vorbereitet, sind es nicht die amerikanischen Soldaten, die einmarschieren. Es ist die Wehrmacht auf ihrem Weg in die Heimat. Allen Gerüchten und allen falschen Meldungen des Radios zum Trotz wird dieser 27. April 1945 nicht zum Tag der Befreiung in Penzberg. Ganz und gar nicht.

Dunkelnacht von Kirsten Boie - AstroLibrium

Dunkelnacht von Kirsten Boie

Hier holt Kirsten Boie nicht weit aus, sie agiert und schreibt präzise an der Timeline der wahren Ereignisse entlang und lässt uns fortan nicht mehr zum Luftholen kommen. Drei Jugendliche stellt sie in den Mittelpunkt ihrer Novelle. Drei Charaktere, die für alle stehen, die damals in Penzberg und an anderen Orten gelebt haben könnten . Es sind Marie, Schorsch und Gustl, aus deren Sicht wir die wichtigen Details erleben. Wobei der Schorsch eher hoffnungsvoll in Marie verliebt ist, während der Gustl das nicht von sich behaupten kann. In diesem Strudel der Gefühle verliert man leicht den Überblick, im Strudel der Geschichte verliert man sich nunmehr plötzlich ganz. Was eben noch in den baldigen Frieden zu münden schien, entpuppt sich nun als das letzte Aufflammen der Macht der Nazis in Penzberg. Nichts spricht mehr von der Übergabe der Stadt an die Eroberer. Jetzt hallen Parolen vom „Halten bis zum letzten Mann“ durch die leeren Straßen. Jetzt soll Geschichte geschrieben werden. Jetzt ist die Endzeit da. Es kommt zur DUNKELNACHT. Und Gustl ist mittendrin im letzten Aufgebot der Nazis. Werwölfe.

Kirsten Boie wertet und bewertet nicht. Sie erzählt und überlässt die Deutungshoheit ihren atemlosen Lesern und Leserinnen. Sie lässt allerdings keinen Zweifel an Wahrheit und Lüge, an Propaganda, Hass und Manipulation. Sie zwingt uns alle sehenden Auges in eine Mordnacht in Penzberg, die kaum vorstellbar ist. Endphasenverbrechen nennt man heute halbjuristisch, was damals nicht nur in Penzberg geschah. In den Wirren der letzten Kriegstage kam es vielerorts zu den wahnwitzigsten Taten der Nazis. Hier führt die Autorin alle psychologischen Parameter ins Feld, die zu den Ausschweifungen und letztlich zu den Morden führten. Angst, Rache, Eifersucht und Endzeitstimmung. Jedes Gefühl für sich schon tödlich genug. Die Kombination in der Dunkelnacht jedoch ist ein tödlicher Mix, dem man nicht entfliehen konnte. Der Ruf des Werwolfs erschallt…

„Hass ist unser Gebet, und Rache ist unser Feldgeschrei.“

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Dunkelnacht von Kirsten Boie

Angesichts der heutigen gesellschaftlichen Entwicklungen, angesichts der Parolen gegen Andersdenkende und der zunehmenden rechten Gewalt in unserer Gesellschaft, sind es gerade diese Geschichten, die in Erinnerung gerufen werden müssen. Es sind jene Ereignisse, die zeigen, wie leicht es Mitläufern gemacht wird, wenn sie das Gefühl haben, nur Befehlen zu folgen. Es sind genau jene wahren Geschichten, die uns heute noch zeigen, wie hilflos man sich in unsicheren Zeit fühlen konnte. Und doch war und ist es möglich, die richtigen Entscheidungen zu treffen, nicht auf der falschen Seite zu stehen, Mensch zu bleiben und nicht willenlos zum Täter oder Mittäter zu werden. Hier geht Kirsten Boie jeden erforderlichen Schritt, den man gehen muss, um uns heute zu erklären, was damals geschah, wie es geschehen konnte und wie nah wir erneut einer Gefahr ausgesetzt sind, rechten Populisten Glauben zu schenken.

Dunkelnacht sprengt den Rahmen eines Jugendbuches. Dunkelnacht fordert viel von seinen Lesern und Leserinnen. Wer verstehen will, muss wissen, wer wissen will muss lesen. Wer liest, wird sich erschrecken, angewidert den Kopf abwenden und sich fragen, wie das nur geschehen konnte. Kirsten Boie hat viele Antworten in diesem Text verborgen. Manche augenscheinlich, andere wieder gut versteckt. Es ist gerade an der Jugend von heute, diese Antworten zu finden, und eigene Antworten für die Zukunft zu entwerfen. Und dann heißt es, dafür einzustehen. Die Mordnacht von Penzberg kostete 16 Menschenleben. Die Spur der Hinrichtungen zog sich durch die ganze Stadt. Dabei gingen den Nazi-Schergen die Bäume für die Erhängung der willkürlich ausgesuchten Opfer aus. Nichts lässt Kirsten Boie im Verborgenen. Klartext ist Synonym für dieses Buch. Die deutsche Geschichte ist nichts für Zartbesaitetes. Das wird in diesem Buch mehr als klar. Dieses Sonnenklare besiegt die möglichen Dunkelnächte.

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Dunkelnacht von Kirsten Boie

Kirsten Boie und Gudrun Pausewang gehen in ihren Geschichten Hand in Hand. „Der einhändige Briefträgervon Gudrun Pausewang beschreibt ebenfalls eines der tragischsten Kapitel in den letzten Kriegstagen. Ich habe dieses Jugendbuch aus gleich mehreren Gründen sehr oft verschenkt. Es ist die Geschichte, die aufrüttelt, es sind die unkalkulierbaren Zeiten, die uns nicht ruhen lassen und es ist die Tatsache, dass diese wundervolle Autorin ihre junge Leserschaft so ernst genommen hat, um ihr eine solche dramatische Geschichte anzuvertrauen. Dieses kraftvolle Vertrauen spüre ich auch bei Kirsten Boie und die Reaktion ihrer Leser und Leserinnen spricht Bände. Ich weise an dieser Stelle auf den „Buchpalast in München Haidhausen hin. Katrin Rüger war in unserer Buchhändlerinnen-Glockenbachwelle zu Gast in einem Gespräch über Buch und die Welt. Hier stellte sie „Dunkelnacht“ als Empfehlung für den Gabentisch vor.

Und nicht nur das. Die Bücherfresser (der Jugendleseclub der Buchhandlung trifft sich wöchentlich als Jugendjury des Deutschen Jugendliteraturpreises) haben nicht nur „Dunkelnacht“ für sich entdeckt, sie haben es rezensiert und Kirsten Boie in einem bewegenden Interview zu dieser Geschichte befragt. Hier findet ihr dieses Gespräch. Und erneut muss ich sagen: Nicht nur das. Derzeit befinden sich ungefähr 50 signierte Exemplare des Buches im Buchpalast. Frei nach dem Motto, wer zuerst kommt, liest zuerst. Ach ja. Sagte ich eigentlich schon: Und nicht nur das? Ich sage es jetzt zur Sicherheit ein letztes Mal: Eines der von Kirsten Boie signierten Exemplare gehört zu unserem Preisausschreiben der Buchhändlerinnenwelle… Wie Ihr das vom Buchpalast gestiftete Buch gewinnen könnt, erfahrt ihr hier

Dunkelnacht von Kirsten Boie - AstroLibrium

Dunkelnacht von Kirsten Boie

Der neue Roman von Kirsten Boie ist da…

Was in den letzten Kriegstagen in Memmingen geschah, gehört zu den sogenannten Endphasenverbrechen. In einer Phase der Auflösung war alles denkbar und erlaubt. In wenigen Wochen jedoch wäre der Krieg Geschichte. Dann, ja dann wäre doch alles im Lot. Das war die Hoffnung und so sieht heute unser Denken aus. Am Ende des Krieges steht der Frieden. In welchen menschlichen Verwerfungen sich dieser Nichtmehrkrieg allerdings abspielt, wird selten erzählt. „Heul doch nicht, du lebst ja noch“ bildet hier eine literarische Ausnahme. Kirsten Boie hat keinen Trümmerfrauenroman für Kinder und Jugendliche geschrieben. Sie hat sich nicht ins mehrfach ausgebombte Hamburg hineinversetzt, um den Aufbruch in eine neue Zeit zu erzählen. Nein, Kisten Boie lässt uns eine Trümmerwoche unmittelbar nach der deutschen Kapitulation erleben. Es sind die Tage vom 22. Juni bis zum 29. Juni 1945, die wir an ihrer Seite erleben. Tage, die wir in der Realität niemals erleben wollten. Glaubt mir. Hier geht´s zur Rezension.

Heul doch nicht, du lebst ja noch von Kirsten Boie - Astrolibrium

Heul doch nicht, du lebst ja noch von Kirsten Boie

Der Grolltroll – Alarmstufe BLAU

Der Grolltroll - Alarmstufe BLAU - Astrolibrium

Der Grolltroll – Alarmstufe BLAU

Alarmstufe BLAU

Das ist zum AUS-DER-HAUT-FAHREN. Da schreibst du eine wichtige Rezension und willst nur ganz kurz auf Speichern drücken. Und dann – das. Ich dreh´ durch. Ich flippe aus. Systemabsturz, Ganz kurz kein Internet. Speichern abgebrochen. Keine Spur vom wundervollen Text. Alles hin. Weg ins Nirwana. Verschwunden im Walhall der umsonst verfassten Satzgeflechte. Ich platz` gleich weg. Die Maus muss zuerst dran glauben. In einer fließenden Bewegung verabschiedet sie sich mit Schwung Richtung Wohnzimmer und mutiert zur Fledermaus. Nur Fliegen ist schöner. Ein erster Fluch hallt durch meine kleine literarische Sternwarte und der rechte Fuß nimmt das heftige Stakkato einer echt heftigen Stampfattacke auf. Ich brauche erstmal einen Kaffee, um den ganzen Frust zu verdauen. Innerlich vor Wut bebend begebe ich mich auf neutralen Boden, wo niemand etwas von meinem Blogger-Armageddon ahnt.

Die Kaffeemaschine schaut mich ganz harmlos an, bevor sie eine Fehlermeldung anzeigt, die mir klar zu verstehen gibt, dass nur der Ingenieurs-Service des Herstellers in der Lage sein wird, den Schaden in den nächsten 14 Tagen zu beheben. Der Orkan, der in mir tobt, entwickelt sich zum überregionalen Krisengebiet. Als meine Frau in aller Seelenruhe und bestens gelaunt fragt, ob ich Probleme habe (wobei sie genüsslich am wohl letzten Kaffee aus der Schrottmaschine nippt), implodiert mein Sicherungskasten. Müsste sie doch gemerkt haben. Sollte mich jetzt nicht ansprechen. Ich koche innerlich und bin so unkalkulierbar, wie ein Vulkan, der seit Hunderten von Jahren nur ganz leise vor sich hin geköchelt hat. Die Eruptionen jedoch spüre nur ich. Ich schmolle. Gänzlich unverstanden vom Rest der Welt. Das Gesicht zur Faust geballt, die Stirn gekräuselt, in mich hineinbrummend verschwinde ich zurück an den Computer (der so tut, als sei nie etwas passiert).

Der Grolltroll - Alarmstufe BLAU - Astrolibrium

Der Grolltroll – Alarmstufe BLAU

Das ist wieder so ein Tag, an dem alles schiefläuft. Was dann passiert, bringt mich völlig aus dem „Ich-geh-gleich-in-die Luft-Konzept“. Da steht sie fröhlich neben mir und lacht mich an, legt ein großformatiges Bilderbuch auf meinen Schreibtisch und sagt nur „Ihr seid euch so herrlich ähnlich, wenn es mal wieder nicht so läuft, wie es soll!“ Meine Tochter, die angehende Erzieherin, die sich in der letzten Zeit mehr als intensiv mit dem Thema Medienrelevanz und Medienauswahl für Kindergärten beschäftigt, hat also echt vor, ihren alten Herrn zu therapieren. Und womit? Mit einem Bilderbuch! Geht ja gar nicht, denke ich mir und muss doch innerlich schmunzeln, als ich sehe, welches Buch sie mir da hingelegt hat. Der Kerl auf dem Cover ist zwar blau und hat ein wenig längere Eckzähne als ich, beim Blick in den Spiegel jedoch würde ich feststellen, dass wir uns gerade jetzt wirklich gleichen, wie ein geplatztes Ei dem anderen.

Der Grolltroll“ liegt vor mir und schon der erste vorsichtige Blick ins Buch lässt mich auflachen. Echt jetzt. Als hätte man meine letzten aufbrausenden Minuten skizziert und in diese Geschichte hineingezaubert. Dem blauen Monster will auch nichts gelingen, es hat einen echt gebrauchten Tag erwischt, was uns ungemein verbindet. Seine Reaktion ähnelt der meinen. Wut und Groll bahnen sich ihren Weg und treffen zuerst diejenigen, die gar nichts mit seinen Problemen zu tun haben. Logisch, dass alle Reißaus nehmen und den Grolltroll seinem tristen Schicksal überlassen. Er hat sie vergrault. Ja, denke ich mir. Das ist ein grandioses Buch für Kindergartenkinder. Sie verstehen schnell das Zusammenspiel zwischen Misserfolg und innerem Ärger. Sie erkennen sich selbst und müssen sich eingestehen, dass sie nur deshalb allein auf weiter Flur sind, weil der Groll in ihnen die anderen Kinder abschreckt und vertreibt.

Der Grolltroll - Alarmstufe BLAU - Astrolibrium

Der Grolltroll – Alarmstufe BLAU

Fabelhaft gezeichnet. So liebevoll grollend hat man zuvor noch kein Monster gesehen. Ich bin fasziniert, was Autorin Barbara van den Speulhof, Illustrator Stephan Pricken und das Kreativteam/Kreativ-Duo Stephanie Maria Gerharz und Dr. Michael Gerharz unter ihrem Label aprilkind erschaffen haben. Wenn das nicht kindgerecht ist, weiß ich auch nicht weiter. Nur, so wie ich meine Tochter kenne, hat sie mir dieses Buch nicht in die Hände gegeben, damit ich darüber nachdenke, wie toll es für Kinder ist. Nein. Hier konfrontiert sie mich mit mir selbst und zeigt mir auf unglaublich sympathische Art und Weise, wie zeit- und alterslos dieses Bilderbuch ist. Ich muss sie gar nicht rufen, da sie die ganze Zeit in der Tür stand und mich lächelnd beobachtet hat. „Bei Dir macht es ja genauso schnell klick, wie bei den Kindern“, sagt sie nur und setzt sich neben mich.

Dann zieht sie ein Plüschtier hinter ihrem Rücken hervor, das mich umhaut. Es ist der Grolltroll, wie er im Buche steht und nicht nur das. Er trägt das mürrische Gesicht zur Schau, das ihn so unverwechselbar macht. Mit nur einem kleinen Griff jedoch lässt sich die „Grollschnute“ nach unten ziehen und das zornige Monster verwandelt sich in einen kleinen sympathischen Freund, der zum gemeinsamen Kuscheln einlädt. „Bei Dir funktioniert das ja auch“, sagt sie mir ins Gesicht und wir müssen herzhaft lachen. Ich merke gerade, was für eine tolle zukünftige Erzieherin hier neben mir sitzt. Ich merke aber auch, dass die Themengebiete Medienauswahl und Medienrelevanz ganz eng mit meiner Blog-Leidenschaft verbunden sind. Empfehlungen gilt es hier wie dort zu finden. Angebote müssen mit Leben gefüllt werden und Empathie ist der Schlüssel zu allem.

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Der Grolltroll – Alarmstufe BLAU

Inzwischen ist mir egal, an welchem Text ich vorhin noch schrieb. Diesen Worten nachzutrauern ist einfach falsch. Sie kommen wieder. Sie sind irgendwo im Kopf und in meiner Literaturseele verankert. Viel wichtiger ist es jedoch, genau jetzt diesen Artikel gemeinsam zu schreiben. Blogger und künftige Erzieherin in einem Boot. Den Grolltroll auf dem Schoß und eine Bilderbuchempfehlung im Gepäck, für die wir beide die Hände ins Feuer legen. Auch bei euch herrscht sicherlich ab und zu Alarmstufe BLAU und ihr steht kurz davor, in den eigenen vier Wänden zur UN-Friedenstruppe zu mutieren, um die Konflikte in den Griff zu bekommen. Dabei kommt mir der Gedanke, dass die Jungs und Mädels mit diesen besonderen Missionen nicht umsonst Blauhelme tragen. Ob im Hintergrund der Grolltroll die Blaupause für diese Deeskalationstruppen war? Könnte schon sein. Jedenfalls könnt ihr euch mit schon vier Büchern zur Ruhe bringen, wenn das Chaos im Krisenherd Kinderzimmer tobt. Der Grolltroll, Der Grolltroll grollt heut nicht!?, Der Grolltroll will Erster sein und jetzt auch zum friedlichen Weihnachtsfest frisch auf Buchmarkt: Der Grolltroll. Schöne Bescherung.

Das könnte es zumindest sein. Es ist ja Heiligabend und im kleinen Baumhaus sieht alles sehr festlich aus. An alles hat der Grolltroll gedacht, um mit seinen Freunden ein frohes Weihnachtsfest zu feiern. Das einzige Problem könnte eine latente Veranlagung des blauen Trolls zum Grollen sein. Da muss man schon auf der Hut sein, sonst fährt er aus der Haut. Aber alles scheint gut zu gehen. Von einer Schneeballschlacht, über das Backen bis zum gemeinsamen Aufräumen. Jeder hat sich im Griff, auch wenn manches nicht auf Anhieb gelingt. Doch ausgerechnet bei der Bescherung bricht sich das Grollen seine Bahn. Scheinbar grundlos scheinen alle plötzlich sehr enttäuscht zu sein. Ob man das Weihnachtsfest noch retten kann? Auch dieses Grolltroll-Buch erklärt uns, warum so mancher Zornesausbruch oft absolut unvermeidlich ist und wie man sich erfolgreich zur Wehr setzen kann. Wer also unter dem Tannenbaum befürchtet, die lieben Kleinen könnten außer Rand und Band geraten, sollte sich „Die schöne Bescherung“ ins Haus holen. Dann klappt`s auch mit dem friedlichen Weihnachtsfest. (Sogar bei den Großen.)

Der Grolltroll - Alarmstufe BLAU - Astrolibrium

Der Grolltroll – Alarmstufe BLAU

Amanda Gorman – Der Flügelschlag eines Engels

Amanda Gorman - Der Flügelschlag eines Engels - Astrolibrium

Amanda Gorman – Der Flügelschlag eines Engels

Es war ein kalter, grauer und glanzloser Tag, an dem der neu gewählte Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Joe Biden, seinen Amtseid sprach. Es war Mittwoch, der 20. Januar 2021, an dem sich ein neues Amerika präsentierten wollte, um der Welt zu zeigen, dass die Amtszeit von Donald Trump nun auch formal beendet war. Wenige Tage nach der Erstürmung des Capitols durch enttäuschte Anhänger, und aufgewiegelt durch den umstrittenen Populisten, sollte dieser Tag deutliche Signale der Normalität im Umgang mit Menschen aller Hautfarben, jeder Religion und Herkunft aussenden, damit der Ruck des Neubeginns weltweit spürbar sein würde. Hoffnungen begleiteten den Tag und selten zuvor waren so viele Augen auf den neuen Präsidenten gerichtet. Selten im politischen Washington jedoch war die Szenerie einer Inauguration derart gespenstisch, weil die weltweite Corona-Pandemie statt Hunderttausender Zuschauer nur einen Wald aus schweigenden Fahnen als stumme Zeugen zuließ. 

Es war eine angespannte Atmosphäre, die alles dämpfte, was hier auf den entehrten Stufen des Repräsentantenhauses gesprochen wurde. Selbst die Rede von Joe Biden wollte nicht richtig zünden, selbst das demonstrative Fernbleiben des Vorgängers trug nicht zur Entspannung bei. Es fühlte sich trotz der erhofften Befreiung nicht an, wie der Befreiungsschlag, den diese geschundene Demokratie so dringend benötigte. Es fühlte sich nicht an, wie die Naht, die eine zerrissenen Nation zusammenführen, vereinen und verbinden konnte. Wo blieb das Signal an die Welt? Wo war der Paukenschlag? Hatten die „Make Amerika Great Again„-Ambitionen so viel zerstört? War die Unsicherheit so groß, dass selbst die neue Regierung sich noch nicht frei bewegen wollte. Ein Land in Fesseln. Dieses Gefühl drängte sich mir auf. Ich war sprachlos. Bis. Ja, bis eine junge Frau zuerst das Podium mit ihrer Präsenz und dann die Welt mit ihren Worten eroberte. 

Amanda Gorman - Der Flügelschlag eines Engels - Astrolibrium

Amanda Gorman – Der Flügelschlag eines Engels

Amanda Gorman.

Ich denke, niemand, der diesen Moment miterlebt hat, wird dieses Mädchen jemals vergessen können. Niemand, der auch nur ein leises Gefühl für historische Momente in sich trägt, wird leugnen können, dass hier etwas wahrhaftig Großes geschah. Die junge Dichterin Amanda Gorman erhob die Stimme und beschwor alle Geister, die wir schon verloren geglaubt hatten. „The Hill We Climb“ lautet der Titel des Gedichts, das sie mit Herz, Stimme, Mimik und Gestik vortrug. Ein Gedicht, das an Poetry Slam erinnerte, in sich sehr festlich, getragen und doch keine Spur pathetisch war. Auch, wenn man nicht fließend Englisch sprach, erschloss sich der Inhalt auf der Emotionsebene. Ein Gedicht, der leisen Zwischentöne, der Wortspiele und der grenzenlosen Hoffnung. Eine Frau, die sich den Strömungen des Zeitgeistes entgegenstellte und mit ihrer Zerbrechlichkeit eine Wand gegen Nationalismus, Unterdrückung und Hass vor dem Capitol errichtete. Nach der Amtseinführung von Präsident Biden war klar, wer hier die lebenswichtigen Akzente gesetzt hatte und es war auch klar, dass dieses Gedicht lange nachhallen würde.

Was dann jedoch geschah, war erschreckend für mich. Als es darum ging, den Text in die Welt zu tragen, die Zeilen zu übersetzen, sie nachhaltig auch jenen zugänglich zu machen, die keine Englisch-Native-Speaker waren, entbrannte ein Streit darüber, wer in aller Welt berufen sein könnte, und dürfte, diese Übersetzung zu wagen. Was? Ich war entsetzt. Es ging hier nicht um die Deutungshoheit der Zeilen. Es ging nur noch darum, dass weltweit jeder Übersetzer, jede Übersetzerin ein bestimmtes Profil erfüllen müsste, um sich des Gedichtes würdig zu erweisen. Es ging nicht darum, wer es am besten zu können versprach. Darf ein weißer Mann, dessen Leben nicht durch Ausgrenzung und Rassismus eingegrenzt wurde, es wagen, diesen Text zu übertragen? Ach bitte. Diese Frage ist ebenso obsolet, wie der Gedanke, ob ich es denn wagen dürfte, das Gedicht auf meinem Blog zu rezensieren. In dieser Diskussion ging der Inhalt dessen verloren, was uns Amanda Gorman so euphorisch zugerufen hatte. Wer die Zukunft bewältigen will, muss zuerst die Differenzen beseitigen. 

Amanda Gorman - Der Flügelschlag eines Engels - Astrolibrium

Amanda Gorman – Der Flügelschlag eines Engels

Also lassen wir doch mal die Kirche im Dorf und schauen uns die zweisprachige Ausgabe des Gedichtes vom Hoffmann und Campe Verlag an.

Da hat uns die charismatische Dichterin Amanda Gorman am Tag der Inauguration von Präsident Joe Biden berührt, bewegt, aufgerüttelt, zu Tränen gerührt und geflasht. Ihr Gedicht „The Hill We Climb“ hat Eruptionswellen losgetreten, die bis zu uns spürbar waren. Eine andere Welle war unbeabsichtigt. Wer darf dieses Gedicht übersetzen? Ein Streit der vieles überlagerte. Lasst das Capitol auf seinem Hügel. Das Übersetzerinnen-Team Uda Strätling, Hadija Haruna-Oelker und Kübra Gümüşai hat mehr als nur den Versuch gewagt, sich dieser Herausforderung zu stellen und sie zu meistern. Wer sich jemals mit einer Übersetzung eines Gedichtes aus einer anderen Sprache ins Deutsche beschäftigt hat, weiß wie schwierig es ist, ein solches Unterfangen zu bewältigen, ohne von der Kritik an die Wand genagelt zu werden. Versucht es doch einfach selbst mal mit den Poetry-Slams von Julia Engelmann. Was will ein Übersetzer erreichen? Will man sich zur Konkurrenz eines Künstlers erheben und auf der Bühne gar noch besser sein als das Original? Nein. Das ist nicht die Intention. Es geht um die Annäherung an einen Text. Es geht um ein besseres oder gar erstes Verständnis des Textes, um Zugang und das Einreißen sprachlicher Barrieren. Das ist dem Team der Übersetzerinnen gelungen. Ich verstehe ihre Übertragung des Gedichtes als Annäherung, nicht als Versuch, selbst damit die Bühnen der Welt zu erobern. Die Ehrfurcht vor dem Original lässt kaum einen anderen Schluss zu.:

Amanda Gorman zu übersetzen ist, als würde man den Flügelschlag eines Engels mit dem einer Taube synchronisieren. Man hört ihn vielleicht und fühlt sogar, wie der Aufwind entsteht, aber es fehlt die Magie des Unbegreiflichen, die diese Flugbewegung zu einem ikonischen Ereignis werden lässt. (Aber hört doch selbst zu…)

Und nun betritt das kleine dünne schwarze Mädchen, die Nachfahrin von Sklaven, Tochter einer alleinerziehenden Mutter, die Träumerin und sprachgewaltige Künstlerin, die nicht nur eine Nation bewegte, eine neue Bühne und lässt ihrem Gedicht ein Buch folgen, an dem man nicht vorbeikommt. CHANGE. Eine Hymne für alle Kinder“, so lautet der Titel eines Bilderbuches, zu dem Amanda Gorman den Text und Loren Long die farbenfrohen Illustrationen beigesteuert haben. Versetzen wir uns noch einen ganz kleinen Moment auf die Stufen des Capitols und denken an die junge Dichterin, die dort stand und dem Establishment der alten weißen Männer den Marsch blies. Dann gehen wir einen Schritt weiter und träumen davon, diese Botschaft von Gleichheit und Mut zur Veränderung wäre für Kinder greifbar. Seid Ihr noch bei mir? Denn jetzt sind wir genau da angekommen, wo uns die junge Künstlerin haben wollte. Jetzt können wir im Klang ihres Gedichts und im Wissen um ihre Hoffnungen mit unseren Kindern ein Bilderbuch öffnen, dessen Botschaft nicht einfacher klingen kann. Change. Jeder kann die Welt verändern. Egal, woher man kommt, wie alt man ist, wie reich die Eltern sind und wo man aufgewachsen ist. Man muss es nur tun.

So können wir The Hill We Climb und Change als literarisches Tandem sehen,  auf dem sich Groß und Klein gemeinsam in eine Welt ohne Vorurteile lesen. Im selben Tempo, in die richtige Richtung und im gemeinsamen Takt.

Dieses Buchtandem funktioniert, weil der Erwachsene am Lenker sitzt, das Gedicht vom Capitol als emotionales Navigationssystem in sich trägt und sich nun anschickt, mit dem eigenen Nachwuchs in die Zukunft zu fahren. Change, die Veränderung wiegt dabei nicht viel. Das Buchtandem nimmt an Fahrt auf und wer beiden Geschichten hilft sich zu entwickeln, wird später einmal feststellen, dass man die Rollen tauschen kann. Denn sehr bald werden unsere Kinder das Lenkrad übernehmen und dann kommt es darauf an, welchem inneren Kompass, welchem Navigationssystem sie folgen. Ich hätte mir auch für das Bilderbuch eine zweisprachige Ausgabe gewünscht, da ich die Originalfassung sehr liebe. Man findet den englischen Text im Internet. Versucht es einfach mal, ihn parallel zu lesen. Er ist magisch. Naja und spätestens, wenn eure Kinder mal wieder ein Fußballspiel sehen, vor dessen Beginn die Spieler niederknien, um ein Zeichen gegen Rassismus in die Welt zu schicken, dann greift zum Bilderbuch. Hier findet Amanda Gorman die richtigen Worte für eine große Geste.

„Ich summe mit Hunderten Herzen
und jeder von uns reicht eine Hand.
Ich nutze meinen Verstand, meine Stärken,
beuge ein Knie für den Widerstand.“

Oder in der Originalfassung:

„I hum with a hundret hearts,
Each of us lifting a hand.
I use my strengths and my smarts
Take an knee to make a stand.“ 

Wer auch hier die Übersetzerinnen-Diskussion führen möchte, dem lege ich nahe, sich meine Gedanken zur Intention des Übersetzens erneut zu Gemüte zu führen. Die beiden Übersetzerinnen von „CHANGE„, Joy Denalane (Musikerin und Soul-Sängerin) und Daniela Seel (Lyrikerin und Übersetzerin) haben eine kindgerechte Anverwandlung des Originals geschrieben, die dem gemeinsamen Verändern unserer Welt Tür und Tor öffnen kann. 

Und nun heißt es „Den Hügel hinauf„, „The Hill We Climb“ und „Change„…
Danke Amanda Gorman für die inspirierenden Flügelschläge.

Amanda Gorman - Der Flügelschlag eines Engels - Astrolibrium

Amanda Gorman – Der Flügelschlag eines Engels

Der Clown sagte Nein – Mischa Damjan und Torben Kuhlmann

Der Clown sagte Nein - Mischa Damjan und Torben Kuhlmann - Astrolibrium

Der Clown sagte Nein – Mischa Damjan und Torben Kuhlmann

Es ist schon ein besonderes Jubiläum, das in Zürich gefeiert wird. Der Schweizer Nordsüd Verlag wird sechzig. Sechs Jahrzehnte lang sind Kinder weltweit mit Kinder- und Bilderbüchern aus dieser Kreativschmiede der guten Gedanken aufgewachsen. In aller Munde waren die großen Geschichten, die dem Verlag ihren Stempel aufdrückten und umgekehrt. Der Regenbogenfisch, die Heule Eule, Lars – der kleine Eisbär und nicht zuletzt die legendären Mäusegeschichten aus der Feder von Torben Kuhlmann stehen heute stellvertretend für zahllose Bilderbuchwelten, in denen Klein und Groß im wundervollen Einvernehmen eintauchen können. Zeitlos erfolgreiche, zeitlos relevante Inspirationsquellen für die jüngsten Lesenden und Orte guter Erinnerungen für die älter gewordenen „Kinder“, die heute ihren Kindern mit diesen Büchern eine Freude machen.

Es ist wahrlich der beste Grund, dieses Jubiläum gebührend zu feiern. Wie könnte das besser gelingen, als der Tradition des Verlages zu folgen, einen echten Pionier der Bilderbuchgeschichte ins Feld zu führen und gleichzeitig der Gegenwart die Chance zu geben, uns bei der Neuinterpretation der Geschichte zur Seite zu stehen? Man nehme also das allererste Bilderbuch, das 1961 von der Schweiz aus die Welt eroberte, gönne dem damaligen Verleger Dimitrije Sidanski die verdiente Ehre, die von ihm unter dem Pseudonym Mischa Damjan verfasste Geschichte unverändert zu belassen, und gebe dem grandiosesten Illustrator des Verlages in der heutigen Zeit, Torben Kuhlmann den Auftrag das Bilderbuch neu zu illustrieren. Was dabei herauskommt? Eine Hommage an die traditionellen Bilderbücher aus der Schweiz, die Renaissance einer Geschichte, die niemals an Relevanz für Heranwachsende verliert und ein brillanter Bildersturm für alle Fans von Torben Kuhlmann…! Der Clown sagte Nein wird zur Bilderbuch-Festschrift.

Der Clown sagte Nein - Mischa Damjan und Torben Kuhlmann - Astrolibrium

Der Clown sagte Nein – Mischa Damjan und Torben Kuhlmann

Und nicht nur das. Aus einer gediegenen Festschrift wird eine wahre Streitschrift, weil diese Geschichte von Gegensätzen und Widersprüchen lebt. Und genau das sollte in der Kindererziehung doch immer vermieden werden. Sicherlich im Jahr 1961, als es in den Kinderzimmern deutlich autoritärer zuging, als vielleicht heutzutage. Was wollte man da bitte mit einem renitenten Clown, der sich schon im Buchtitel verweigert? Ist es nicht lehrreicher, irgendeine Geschichte von Jasagern für künftige brave und folgsame Jasager:innen („gegendert“ wurde damals gottlob noch nicht, was auch die Frage nach einer Clownin gar nicht aufkommen ließ) auszuwählen und als Erziehungsmittel in die Hände der auch einst schon gestressten Eltern zu legen? (Man bedenke, die konnten die lieben Kleinen nicht einfach vor einem IPad parken oder in die KiTa bringen.) Was bitte sollte das? Konnte ein junger Verlag mit einer NEINsager-Geschichte überhaupt punkten, geschweige denn überleben? Ja. Es funktionierte…

Diese Geschichte kam an. Sie transportierte Werte und Wertvorstellungen in die guten Stuben von einst und vermittelte das Gefühl, wie wichtig es ist, sich treu zu bleiben und deutliche Grenzen zu ziehen, die man niemals übertreten würde. Das NEIN des Clowns wird hier nicht zur bloßen Verweigerungshaltung. Es ist der wahre Wendepunkt in einer Geschichte, die ohne diese Wende wohl in Selbstaufgabe geendet hätte. Für die wilden 1960er Jahre eine steile These. Zumindest für den Beginn des Jahrzehnts. Präsentiert die Geschichte doch ausgerechnet einen Clown, der sich der Autorität widersetzt und in der Folge seiner Auflehnung auch noch eine kleine Revolution im Zirkus auslöst. Da ist es schon wichtig, sich zu hinterfragen, ob man als Zirkusdirektor und Dompteur eigener Kinder plötzlich infrage gestellt werden möchte. Wer diesen Mut aufbringt, der wird mit Heranwachsenden belohnt, die auch starkem Gegenwind widerstehen können, weil sie wissen, wie man NEIN sagt, wenn das JA viel leichter wäre.

Der Clown sagte Nein - Mischa Damjan und Torben Kuhlmann - Astrolibrium

Der Clown sagte Nein – Mischa Damjan und Torben Kuhlmann

Worum geht es also in „Der Clown sagte NEIN“? Es geht ganz einfach um Rollen, die Erwartungen, die man an sie knüpft und die wenigen Möglichkeiten, den Grenzen zu entfliehen, die mit diesen Rollenbildern verbunden sind. Der Clown Petronius spürt das deutlich. Jeden Abend. In jener Manege. Bis ihm die Clownsmütze platzt und er mit einem deutlichen NEIN zum Ausdruck bringt, dass es ihm keinen Spaß mehr macht, im Rampenlicht zu stehen und sich allabendlich zum Narren zu machen. Die Reaktionen? Sehr gemischt. Das Publikum lacht und nimmt ihn nicht ernst. Der Zirkusdirektor knallt mit der Peitsche und will wissen, was in den Clown gefahren ist. Die Antwort lautet:

„Ich will Geschichten erzählen!“

Mit einem Clown in der Sinnkrise käme man ja vielleicht noch zurecht. Als sich im Verlauf der Aufführung allerdings alle Zirkustiere weigern, ihre Dressurstücke zu zeigen, wird klar, dass der ganze Zirkus am Scheideweg steht. Hier verläuft die Zirkusrevolution allerdings gänzlich ohne Gewalt. Der inspirierende Funke zündet neue Ideen, die Tiere und der Clown finden zusammen, weil sie jetzt nicht mehr nur die Nummern der Show sind. Mitbestimmung, Selbstwertgefühl und die eigenen Träume beginnen für den Start einer neuen Welt zu sorgen. Und diese neue Welt existiert nicht auf den Trümmern des Zirkusses, sondern ist sogar mit ihm vereinbar. Was für eine Botschaft fürs Leben. Den eigenen Weg zu finden, bedeutet nicht, alles über Bord zu werfen. Neubeginn kann im wahren Leben auch ganz anders aussehen.

Der Clown sagte Nein - Mischa Damjan und Torben Kuhlmann - Astrolibrium

Der Clown sagte Nein – Mischa Damjan und Torben Kuhlmann

Und nun kommt die zweite Ebene dieses Bilderbuchs zum Tragen. Die Bilder. Hier waren die Illustrationen der Erstausgabe eher abstrakt und unnahbar. Gian Casty galt 1961 als avantgardistischer Glasmaler, seine Bilder wirken jedoch heute wie aus einer Zeit gefallen, die Kinder kaum zu begeistern mag. Torben Kuhlmann hebt dieses Buch auf ein neues Level. Es sind warme, traumhafte und atmosphärische Zirkusbilder, mit denen er sich selbst treu bleibt. Sonst hätte auch der Zeichner Torben Kuhlmann sehr deutlich „NEIN“ gesagt. Von „Lindbergh“ über „Armstrong“, „Edison“ und „Einstein“ bis zu seiner „Maulwurfstadt„, wir haben uns inzwischen tausend Bilder seiner Bilder machen können. Wir wissen, wie er zeichnet, welchen Ausdruck er seinen Figuren mit auf die Reise gibt und wie detailverliebt dieser Künstler ist. Jede Illustration ein echtes Kunstwerk für sich. Im Dialog mit der Geschichte, ein Buchkunstwerk der besonderen Art. Ein Jubiläumsbilderbuch, zu dem man nicht NEIN sagen kann.

Ich schließe mich den Gratulanten an, zelebriere 60 Jahre NordSüd Verlag, weise auf all meine Rezensionen zu Büchern aus dieser Traumfabrik hin und verweise auch an dieser Stelle auf die JubiläumsanthologieBilderBuchBande“ mit mehr als dreißig der besten Geschichten aus sechzig Jahren NordSüd Verlag. Die Buchvorstellung folgt schon sehr bald… Genau hier. Werdet Teil der Bande. 

PS: Dreimal dürft Ihr raten, wer das Cover zur BilderBuchBande gezeichnet hat…

Der Clown sagte Nein - Mischa Damjan und Torben Kuhlmann - Astrolibrium

Der Clown sagte Nein – Mischa Damjan und Torben Kuhlmann