Gegen das Vergessen – Hanas Koffer kommt zu Euch

Hanas Koffer von Karen Levine geht auf große Reise

Hanas Koffer von Karen Levine geht auf große Reise

In den vergangenen Wochen habt ihr mit viel Interesse die Projekte „Gegen das Vergessen der Opfer des Holocaust hier auf AstroLibrium verfolgt. Ihr wart mit Peggy Steike und mir in Schulen und Kinderheimen und habt sehr direkt die Geburtsstunde unserer Hannah erlebt. Diesen Schwerpunkt wollte ich bewusst in dieser noch recht neuen Blog-Welt schaffen und freue mich deshalb umso mehr, wie groß das Interesse an diesen Artikeln ist. Danke dafür.

Ebenso erfreuen sich die aktuell zu diesem sensiblen Thema erschienen Bücher großen Interesses. Vom Comic über Das versteckte Kind bis zur Anne Frank – Gesamtausgabe. Die Leser-Frequenz auf all diesen Artikeln und Buchvorstellungen überzeugt mich nachhaltig davon, auf dem richtigen Weg zu sein. Und dieser Weg ist nicht nur durch den Blick in den Rückspiegel der Geschichte gekennzeichnet. Aktuelle Ereignisse lassen aufhorchen und zeigen, dass man aus der Geschichte zu lernen bereit sein muss, um ihre Wiederholung im Keim zu ersticken.

Deshalb gehen wir mit unserem Schulprojekt „Hannah“ direkt zu den Schülern. Wir wollen die traurigen Schicksale von einst in den Mittelpunkt stellen und das Erinnern schuldfrei und doch gezielt ermöglichen. Jede Schulklasse ist heute dazu in der Lage für einzelne Mitschüler einen täglichen kleinen Holocaust zu verursachen – diese laute Botschaft gegen Ausgrenzung, Mobbing und Gewalt geht Hand in Hand mit uns hinaus in die Welt.

AstroLibrium gibt dem Erinnern einen Namen

AstroLibrium gibt dem Erinnern einen Namen

Nun möchte ich auch einen entscheidenden Schritt in eure Richtung gehen und mein Schreiben und Denken zu euch nach Hause bringen. Nicht nur Schulen und Kinderheime besuchen, sondern auch die Leser dieser Artikel zu aktiven Mitstreitern zu machen – das ist Ziel dieser besonderen Aktion.

„Hanas Koffer“ von Karen Levine ist eine der tragenden literarischen Säulen unseres Schulprojekts. Das bewegende Jugendbuch aus dem Ravensburger Verlag erzählt die Geschichte eines Koffers mit der Aufschrift „Hana Brady – Waisenkind“. Er fand seinen Weg von der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Auschwitz nach Tokio, wo eine engagierte Lehrerin ihren Schülern etwas Greifbares zum Erinnern an den Schrecken des Holocaust bieten wollte.

Niemand hätte jemals gedacht, dass es den japanischen Schülern gelingen würde, dieses letzte Andenken an ein kleines jüdisches Mädchen mit Leben und Hoffnung zu füllen. Eine zutiefst traurige und doch schöne wahre Geschichte, die uns vieles lehrt. Die absolute Sinnlosigkeit und Anonymität im Sterben ist wohl die größte Last, von der man Opfer der Shoa auch nach Jahrzehnten ein wenig befreien kann. Hana Brady ist dafür zum Sinnbild geworden.

Hanas Koffer - Eine Lesereise gegen das Vergessen - AstroLibrium

Hanas Koffer – Eine Lesereise gegen das Vergessen – AstroLibrium

Dieses Buch wird sich auf den Weg zu euch machen. Ich habe eine kleine Kassette zusammengestellt, in der sich alles befindet, was ihr benötigt, um Teil des lebendigen Erinnerns zu werden. In meiner kleinen Bücherkiste befinden sich neben einer Ausgabe von „Hanas Koffer“ ein Notizbuch für eure eigenen Gedanken, Recherche-Bilder zu meinem Artikel, einige lesenswichtige Utensilien zur eigenen Orientierung im Buch und ein paar kleine symbolische Überraschungen, die euch noch sehr lange an diese Lesereise erinnern werden… Es ist eine perfekte Rezensentenkiste geworden, die auf eine lange und weite Reise bestens vorbereitet ist.

Und so kannst du zu einer Etappe der Reise von „Hanas Koffer“ werden:

  • Du möchtest das Buch unbedingt lesen
  • Du recherchierst gerne und findest vielleicht Interessantes zu Hana Brady
  • Du möchtest deine Gedanken im gemeinsamen Reise-Notizbuch festhalten
  • Du lässt uns (vielleicht auch auf Facebook) teilhaben an deinem Lesen
  • Du verschickst die Kassette nach dem Lesen zum nächsten Gastgeber
  • Du bleibst mit den Lesern des Buches in Kontakt und verfolgst den Reiseweg
  • Du trägst die Botschaft der kleinen Hana Brady mit deinen Mitteln in die Welt

Dann bist du hier genau richtig und die große Reise kann beginnen. Ohne Stress und Zeitvorgaben, ohne Verpflichtungen, nur flankiert von Wünschen und Hoffnungen und mit dem Ziel eines großen gemeinsamen Leseerlebnisses, dessen Extrakt sich später im Notizbuch wiederfinden wird. Ich hoffe auf eine lange Reise.

KOMMENTIERE EINFACH DIESEN ARTIKEL UND SCHON BIST DU EINE DER WICHTIGEN STATIONEN EINES BESONDEREN BUCHES AUF SEINER REISE DURCH DIE WELT!

Eine Reise beginnt - Mit Gedankensamen und Vergissmeinnicht - AstroLibrium

Eine Reise beginnt – Mit Gedankensamen und Vergissmeinnicht – AstroLibrium

Ich werde eine Reiseliste zusammenstellen und die Adressen der ersten Etappen im Notizbuch eintragen. Und mich selbst setze ich an eine beliebige Stelle, um ein Fazit zu ziehen, Erkenntnisse einzusammeln, einen Artikel für alle Wegbegleiter zu schreiben und dann schicke ich das Buch weiter. Natürlich mit frisch aufgefüllter Reisekiste.

Die kleine Aufmerksamkeit für alle Teilnehmer hat für mich persönlich mehr als nur reinen Symbolcharakter. Wie ein Gedankensamen wird „Hanas Koffer“ seine Kreise ziehen und unter dem Motto Vergissmeinnicht zu ganz besonderer Pracht erblühen. Dem Buch liegen Vergissmeinnicht-Samen bei. Pflanzt sie ein, wenn ihr zu lesen beginnt. Hegt und hütet die zarten Pflänzchen und in ein paar Monaten werden wir uns an dieser Gemeinsamkeit mehr als erfreuen können.(Hier könnt ihr lesen, was diese Pflanze für mich bedeutet).

Seid dabei. Lest, fühlt, denkt, lebt, grübelt, schreibt, haltet fest, erzählt, tauscht aus, empfindet, weint, hofft, lacht und empört euch gemeinsam mit uns. Es wird eine ganz besondere Reise für ein ganz besonderes Mädchen. Eines von vielen Opfern des Holocaust. Ein Schicksal, das uns zeigt, was sich nicht wiederholen darf. Ich freue mich auf eure Kommentare und werde den Leseweg des Buches hier und auf meiner Facebookseite aktiv begleiten. Mein Vergissmeinnicht pflanze ich ein, wenn das Paket seine lange Reise beginnt.

Darüber hinaus habe ich inzwischen eine offene Facebook-Gruppe mit dem Namen Hanas Koffer – Ein Reisetagbuch gegründet, in der sich jetzt alle Gastgeber dieser Bücherreise und viele wichtige Wegbegleiter dieses Projekts zum Gedankenaustausch eingefunden haben. Wir freuen uns über Zuwachs ;-).

AstroLibrium und Peggy Steike - Eine Projektvorschau

AstroLibrium und Peggy Steike – Der Fotograf von Auschwitz – Eine Vorschau

Jeder, der kommentiert, wird Teil der Reise und es ist nicht das letzte Projekt, bei dem ihr den Weg des Erinnerns aktiv begleiten könnt… Der Auschwitz-Fotograf Wilhelm Brasse wird in diesem Jahr zur sehr wichtigen Station für AstroLibrium und Peggy Steike werden. Nicht ohne euch!

UPDATE zum Reiseweg von Hanas Koffer:

Die Gastgeber und ihre Gruppe bei Facebook

Die Gastgeber und ihre Gruppe bei Facebook

DIE GASTGEBER und ihre Berichte:

1. Anne Parden

Anne Parden - LITTERAE ARTESQUE - Mit einem Klick zu ihrem tollen Bericht

Anne Parden – LITTERAE ARTESQUE – Mit einem Klick zu ihrem tollen Bericht

2. Verena-Julia

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Verena-Julia hat ihre Gedanken nicht nur im beiliegenden Notizbuch verewigt

Eine wunderschöne Lese-Impression von Verena-Julia aus den gemeinsamen Tagen von: hier klicken

3. Irmgard Veit

Irmgard Veit hat ihre Eindrücke auf ganz besondere Weise festgehalten...Link unter dem Bild

Irmgard Veit hat ihre Eindrücke auf ganz besondere Weise festgehalten…

Irmgard Veit und ihr besonderer Beitrag: Das Leben ist kein Kinderspiel 

4. Susi Naschke

hanas koffer unterwegs station 4 susi naschke

Susi Naschke mit wundervollen Lese-Impressionen

Susi hat ihre Gedanken zu Hana Brady im beigefügten Notizbuch festgehalten

5. Eva Mirschel und 6. Julia Groß

hanas koffer unterwegs station 5 eva und 6 julia

Eva und Julia bereichern das Tagebuch mit tiefen Eindrücken

Tiefe Gedanken sind im Notizbuch für immer verewigt.

7. Gedenkstätte des SS Außenlagers / KZ Hinzert

Ein sehr bewegender Artikel im Trierischen Volksfreund zur Veranstaltung in Hinzert und unserem Projekt: hier

Hanas Koffer in der KZ Gedenkstätte Hinzert

Hanas Koffer in der KZ Gedenkstätte Hinzert – Mit einem Klick zu Impressionen

8. Anja Schmidt und „Zwiebelchens Plauderecke“ – auch in einer Rezension

station 8 anja schmidt

Anja Schmidt und ein ganz besonderes Geschenk für Hana

9. Jutta Beckensträter – im Mai 2015 – Der Weg geht weiter

Jutta Beckensträter - Ein wichtiges und gutes Gefühl

Jutta Beckensträter – Ein wichtiges und gutes Gefühl

10. Uwe Rennicke auf Littera ArtesqueMehr als nur ein Artikel – Viel mehr

Hanas Koffer bei Uwe Rennicke und Litterae Artesque

11. Rudolf Fröhlich auf Littera Artesque – Voller Überraschungen und mit Bildern

hanas koffer unterwegs rrudolf fröhlich

Das versteckte Kind – Der Holocaust im Comic

Das versteckte Kind - Der Holocaust im Comic

Das versteckte Kind – Der Holocaust im Comic

In den letzten Monaten habe ich mir sehr viele Gedanken darüber gemacht, mit welchen Mitteln man in der heutigen Zeit Jugendliche erreichen kann, um das Erinnern an die vielen Opfer des Holocaust mit konstantem Leben zu füllen. Die grundlegende Veränderung der Medienwahrnehmung von Heranwachsenden bedingt, dass man neue Ansätze suchen muss und sich auf Augenhöhe mit denjenigen begeben sollte, denen man eine tiefe Botschaft mit auf den Lebensweg geben möchte.

Eine Botschaft die eine Wiederholung der Geschichte verhindern, ein schuldfreies Gedenken ermöglichen und den Transfer lebenswichtiger und vorurteilsfreier Gedanken ins Jetzt ermöglichen soll. „Niemals wieder“, wohl das wichtigste Zitat aus der Rede von Papst Franziskus in Yad Vashem vor genau zwei Tagen. An einem Tag, der durch einen Anschlag auf eine Synagoge mit vier Todesopfern in Brüssel überschattet wurde. Niemals wieder.

Aber wie erreicht man dies? Unser Projekt des Erinnerns im Schulprojekt Hannah geht einen besonderen Weg. Wort und Bild – Hand in Hand. Und Hannah ist eben ein modernes Mädchen, das mit seinen Gefühlen nach einem Besuch in Auschwitz nicht zurechtkommt. Wir versuchen hier gemeinsam verständliche Antworten zu geben. Das Erinnern zu Individualisieren. Das ist der gemeinsame Weg, den ich mit der politischen Malerin Peggy Steike eingeschlagen habe. Einer von vielen denkbaren Wegen, neben Jugendbüchern, Filmen, Diskussionen und Begegnungen.

Das versteckte Kind - Der Holocaust im Comic

Das versteckte Kind – Der Holocaust im Comic

Nun liegt mit dem Buch „Das versteckte Kind“ aus dem Panini Verlag erstmals ein Comic (Graphic Novel) vor mir, der die Geschichte eines kleinen jüdischen Mädchens erzählt, das dem ideologischen Wahnsinn des Nationalsozialismus im Dritten Reichs schutzlos ausgeliefert ist. Ich habe mich in die erzählende und bildreiche, ja mehr als bildgewaltige Welt dieses Comics fallen lassen und bin sprachlos und voller neuer Eindrücke aufgetaucht. Um es vorweg zu nehmen – ich bin berührt und begeistert.

Ein mutiges Buch, vor dem man sich nicht fürchten darf. Ein Comic, bei dem man Kinder und Jugendliche nicht allein lassen sollte – sie werden auch nicht alleine bleiben wollen, weil Fragen kommen – wichtige Fragen. Ein Comic, der in der Lage ist, einen Dialog zwischen Alt und Jung zu entfachen. Und genau so beginnt die Geschichte von Dounia und ihrer Enkelin Elsa im heutigen Frankreich. Mit einem solchen bewegenden generationsübergreifenden Dialog.

Großmutter Dounia Cohen denkt oft an die Zeit zurück, in der sie so alt war wie ihre kleine Enkelin. Sie sitzt in sich zusammengesunken im Sofa und betrachtet die wenigen Bilder, die ihr geblieben sind. Familienfotos aus einer glücklichen Zeit. Andenken an ein unbeschwertes Leben im Frankreich vor der Besetzung durch deutsche Truppen im Zweiten Weltkrieg. An einem solchen Abend der Erinnerung kuschelt sich die kleine Elsa ganz dich an ihre Oma und fragt nach dem Grund für ihre Traurigkeit. Und Großmutter beginnt zu erzählen und die Bilder des Comics beginnen einen unglaublich intensiven Sog in die Vergangenheit zu erzeugen.

Das versteckte Kind - Der Holocaust im Comic

Das versteckte Kind – Der Holocaust im Comic

Elternhaus, Schule und Freunde… So sah der Alltag von Dounia aus. Sie beschreibt aus der Sicht eines kleinen Mädchens, wie schön diese Zeit war. Unbeschwert. Bis zu dem Tag, an dem sich alles änderte. Papa erklärte ihr scheinbar fröhlich, dass man ab jetzt eine Sheriff-Familie sei… und als Sheriff habe man einen gelben Stern zu tragen, damit einen auch jeder erkennt. Dounia findet das cool und trägt den Stern auch stolz… aber sie bemerkt, dass sich zuhause die Stimmung ändert.

So wie sich alles ändert. Die Sheriff-Illusion zerbricht, als Dounia plötzlich von allen anders behandelt wird. Ausgegrenzt, verachtet und schlecht behandelt. Lehrer verweisen sie in die letzte Reihe, beim Spielen auf dem Schulhof darf sie nicht mehr mitmachen und egal, wie oft sie sich im Unterricht meldet, sie wird ignoriert.

So wie sich ihr Leben ändert, so verändert sich das Straßenbild ihrer kleinen Stadt. Deutsche Soldaten beschmieren Geschäfte mit dem Davidstern, Verbote schränken das Leben der kleinen Familie immer mehr ein und sie versteht, dass alles damit zusammenhängt, dass sie Juden sind. Beängstigend schnell dramatisiert sich die Lage. Wohnungen werden durchsucht und eines Abends gelingt es Dounias Eltern nur noch, ihre Tochter im Schrank zu verstecken, bevor das Unfassbare geschieht. Vater und Mutter werden verhaftet und fortgebracht. Deportation… Konzentrationslager.

Das versteckte Kind - Der Holocaust im Comic

Das versteckte Kind – Der Holocaust im Comic

Hier beginnt in Wort und Bild der große Leidens- und Hoffnungsweg der kleinen Dounia. Helfende Hände nehmen sie auf, verstecken sie, und kümmern sich darum, dass sie auf den verschiedenen Stationen ihrer Flucht nicht als Jüdin zu erkennen ist. Mit vereinten Kräften gelingt es guten Menschen, das kleine Mädchen zu retten. Als der Krieg zu Ende ist, beginnt die Suche nach ihren Eltern.

Die Opferlisten sind endlos lang. Die Hoffnung beginnt zu schwinden, besonders weil man nun erfährt, dass die jüdische Bevölkerung systematisch ermordet wurde. Und trotzdem kommt es am Ende allen Leids zu einer Begegnung, die nicht nur der Leser, sondern ganz speziell der Betrachter des Comics sein Leben lang nicht vergessen wird. Dounias Mama hat überlebt… aber um welchen Preis.

„Das versteckte Kind“ ist ein großer Beitrag im Kampf „Gegen das Vergessen“. Das Team aus Autor Loïc Dauvillier, Zeichner Marc Lizano und Farbgeber Greg Salsedo haben mehr als einen Versuch gewagt, das Erinnern in Wort und Bild mit sämtlichen Stilmitteln des Comics greifbar zu machen. Gerade hier liegt die Stärke des Genres. Es begibt sich in die Erlebniswelt der Jugend von heute, für die Comics Teil der Lebenseinstellung sind.

Das versteckte Kind - Der Holocaust im Comic

Das versteckte Kind – Der Holocaust im Comic

Der Verzicht auf zu große Detailgetreue in der Gestaltung der Figuren gibt Raum, sich mit ihnen zu identifizieren. Ein Phänomen, dem man nicht erst seit den Zeiten der Manga-Comics begegnet. Die Farbgestaltung vermittelt in allen Nuancen Gefühle, die durch Worte oder Beschreibungen kaum transportiert werden können. Tiefdunkle Traurigkeit, lichte Hoffnungsschimmer und blasse Alltäglichkeit. Und der Text vermittelt eine Nähe, die man wirklich nur empfindet, wenn man seiner eigenen Großmutter zuhört.

Die Stilmittel des Comics sind gestattet und erlaubt, sie sind wünschenswert, sie sind sogar mehr als zeitgemäß, um an den Schrecken des Holocaust zu erinnern. Empathisch geht man mit der Opfersicht um, Verniedlichungen wird man vergeblich suchen und die reine Fiktionalität des Werks wird durch bewegende Vor- und Nachworte in einen realen Zusammenhang gerückt. Das Menschliche Schicksal mit der notwendigen Ernsthaftigkeit begreifbar zu machen, das ist diesem Comic in außerordentlicher Weise gelungen. Es darf nicht nur einen Weg des Erinnerns geben – die Formenvielfalt entspricht der Wahrnehmungsvielfalt unserer Gesellschaft!

Besonders bemerkenswert ist, dass im Nachwort die französische Geschichte im Dritten Reich offen thematisiert und verarbeitet wird. Die französischen Politiker der Regierung Vichy werden für die Morde an 14000 jüdischen Kindern verantwortlich gemacht. Es ist ein großer Versuch, sich der eigenen Vergangenheit zu stellen – fern ab der ach so einfachen Möglichkeit, die Schuld in deutsche Hände zu legen. Im Nachwort wird die in bewegender Weise klar. Diese Geschichte soll ermutigen, gegen Willkür und Ungerechtigkeit zu kämpfen, seine Stimme zu erheben und damit zu verhindern, dass jemals wieder der ideologische Wille, ein ganzes Volk auszulöschen, ausreicht millionenfach unschuldiges Leben auszulöschen.

Das versteckte Kind - Der Holocaust im Comic

Das versteckte Kind – Der Holocaust im Comic

Am Ende der Geschichte kommen die Tränen. Die der Großmutter Dounia über alle Verluste und Opfer. Es sind hoffnungsvolle Tränen, weil das Überleben der Mutter sie vor dem Schlimmsten bewahrt hat. Es sind erleichterte Tränen, sich von der Last der Erinnerung befreit zu haben, indem sie geteilt wurde. Es sind Tränen, die den Opfern gerecht werden und den jüdischen Menschen, die den Holocaust überlebten.

Diese Tränen verleihen dem Erinnern ein Gesicht, auch wenn es das Gesicht einer alten Frau in einem Comic ist. Dieses eine Gesicht ist jedes Gesicht. Das wird jedem Betrachter klar, ebenso, wie man realisiert, dass dieses Opfer jedes Opfer ist.

Wir sind die Enkel. Wir können die Last nehmen, auch ohne persönlich betroffen zu sein. Wir können das Gewicht der Erinnerung und der Sinnlosigkeit tragen helfen, indem wir zuhören und betrachten, erzählen und gedenken. Es wird die Zeit kommen, in der wir uns nicht mehr mit Überlebenden der Shoa unterhalten können. Es wird die Zeit kommen, da werden nur noch indirekte Erinnerungen greifbar sein. Es wird die Zeit kommen, in der wir den künftigen Generationen berichten müssen.

Wir gehen diesen Weg mit Hannah… und haben Dounia und die kleine Elsa im Herzen.

Das versteckte Kind findet das Hannah-Projekt

Das versteckte Kind – Der Holocaust im Comic