Ihr sucht ein ganz besonderes Buch zum gemeinsamen Lesen und Entdecken? Ihr möchtet Schulkindern und Jugendlichen neue Einblicke in unsere Welt vermitteln? Ihr sucht nach einem Kinder- und Jugendbuch, das es so bisher noch nicht gegeben hat? Weder für junge Menschen, noch für den geneigten erwachsenen Leser? Es ist gar nicht so einfach, in der heutigen Zeit ein Buch für gemeinsame Entdeckungsreisen zu finden, von dem man sich versprechen darf, dass es Horizonte öffnet und Einblicke gewährt, die bisher im Verborgenen lagen. Vielleicht macht euch mein Gedankenspiel zu diesem, gerade zu einem der Besten bayerischen Jugendbücher unabhängiger Verlage des Jahres gewählten Werk ein wenig neugierig. Vielleicht könnte das ja auch euer Einstieg in den reichhaltig bebilderten und grandios erzählten Kosmos von „Nette Skelette. Röntgenbilder von Tieren und Pfanzen„ aus dem Mixtvision Verlag sein.
Ich denke, jedes Kind hat schon mal ein Röntgenbild gesehen. Vielleicht sogar das Röntgenbild eines eigenen Körperteils. Vom verstauchten Knöchel bis zur gebrochenen Hand, es gibt wohl zahllose Möglichkeiten, schon im jüngsten Lebensalter die Radiologie einer Klinik von innen zu sehen. Wie groß ist das Stauen, seine eigenen Fingerknochen auf dem Foto betrachten zu können. Wie seltsam fühlt es sich an, sich selbst einmal aus einer ganz anderen Perspektive zu sehen. Und wie viele Fragen sprudeln heraus, wenn die jungen Forscher*Innen herausfinden wollen, was man da so alles erkennen kann. In unserer modernen Welt gehören Röntgenaufnahmen zum Alltag. Könnt ihr euch an das erste Röntgenbild erinnern, das ihr betrachten durftet? Ein magischer Moment. Oder?
Wie lustig ist der Gedanke, im Krankenhaus darauf zu warten, bis man selbst an die Reihe kommt, und dann die Durchsage zu hören: „Der Laubfrosch bitte in Kabine 1.“ Was? Wie? Ein kleiner Frosch beim Röntgen? Was soll denn das? Und, wenn man sich mit diesem Gedanken angefreundet hat und sich im Wartezimmer umschaut, sieht man dort Krokodile, Igel, Eichhörnchen, Seepferdchen, Fasane und Tausendfüßler, die alle auf ihren Röntgentermin warten. Geht natürlich nicht. (Tiere sind doch gar nicht krankenversichert und können sich diese Aufnahmen überhaupt nicht leisten). Was im echten Krankenhaus natürlich nicht an der Tagesordnung ist (außer in ganz speziellen Tierkliniken) hat sich der Röntgenexperte Arie van´t Riet zur Aufgabe gemacht. Nicht nur Menschen zu durchleuchten, sondern auch das Innenleben ganz besonderer Tiere zu zeigen, um uns mit Skeletten zu konfrontieren, die alles andere als gruselig sind.
Jetzt ist unser Medizinphysiker Arie van´t Riet natürlich der Fachmann für den Teil des Buches, der die einzigartigen Röntgenaufnahmen von Tieren zeigt. Was jedoch das Buch Nette Skelette ebenso besonders macht, sind die Texte von Jan Paul Schutten, der die radiologische Expertise um die fantasievolle Perspektive eines versierten Autors von über 40 Kinder- und Jugendbüchern bereichert. Diesem Dreamteam ist ein absolut brillanter Ausflug in eine geheime Welt gelungen, der den Bogen von der Wissenschaft zur Unterhaltung spannt und uns, dem Buch angemessen, großformatig zu überzeugen weiß. Nie zuvor gesehene Fotos gehen hier Hand in Hand mit Texten, die nur entstehen konnten, weil die Bilder sie belegen oder inspirierten. Wie sonst sollte man auf die Idee kommen, dass Hummeln eine Wespentaille haben, warum im Cockpit einer Libelle nur wenig Platz für ein Gehirn ist, oder warum sich unter manchem Eulengefieder nur eine ranke und schlanke Käuzchengestalt verbirgt. Spielerisches Lernen und feiner Wortwitz machen aus diesem Buch ein Erlebnis, das weit entfernt von einer Schulstunde nur den Spaß an der Wissenschaft vermittelt.
Die Mischung aus lehrreichen Einsichten und lockeren Texten, die doch Tiefgang haben, entwickelt einen Sog, dem man sich gar nicht mehr entziehen kann. Selten hat man in einem unterhaltenden Sachbuch so viele neue Eindrücke zu verarbeiten und ist so gebannt von den Wundern der Natur. Diese Röntgenaufnahmen haben den Charme von echten Kunstwerken und kommen der Natur damit sehr nah. Schöpfung ist Kunst. Es gilt sie zu bewahren, zu respektieren und zu bewahren. Vielfältige Botschaften sind in diesem Gesamtkunstwerk zu finden. Vielleicht ändert sich unser Blick auf die kleinen Lebewesen in unserem Umfeld. Vielleicht gelingt es das Bild der Supermaus dauerhaft in uns zu verankern. Das Kleine ist hier ganz groß und ganz nebenbei finden sich hier Aufnahmen von Pflanzen, die ihresgleichen suchen. Botaniker haben ihre helle Freude. Gemeinsame Lesezeit wie diese ist nicht leicht zu finden. Sie ist wertvoll und intensiver als man es sich vorstellen kann.
Ich kann nur empfehlen, diesen Röntgenblick auf die Natur zu einem wichtigen Teil der gemeinsamen Bibliothek werden zu lassen. Hier sieht man Tiere, wie man sie noch nie zuvor gesehen hat. Das ist kein knochentrockener Lehrstoff. Das ist das Gerüst für eine neue Sicht auf die Welt, auch wenn es manchmal aus Gräten besteht.
Ein Tipp zum Schluss: „Nette Skelette„ mit Kindern zu genießen ist recht einfach: Haltet einfach die Namen der Tiere verdeckt und lasst die Kids raten, welches Tier hier wohl ohne Fell oder Federn durchleuchtet wurde, oder zeigt den Kids einfach das Foto eines Froschs, Seepferdchens, Fisches (natürlich im angezogenen Zustand) und lasst es dann ein Skelett des Tiers zeichnen. Der Vergleich ist sicherlich amüsant. Wer sich dann noch weiter vorwagen möchte, kann sich Tiere auswählen, die im Buch nicht zur erlauchten Auswahl gehören. Kleiner Tipp… Dinosaurier-Skelette beherrschen unsere Mini-Forscher*Innen blind aus dem Effeff.